Samstag, 15. Dezember 2018

15. Dezember: Lincoln im Bardo von George Saunders



Hintergrund: Während des amerikanischen Bürgerkriegs starb Präsident Lincolns Sohn Willi mit elf Jahren. Laut Zeitungsberichten suchte der trauernde Vater damals allein das Grabmal auf, um seinen Sohn nochmal in den Armen zu halten. 

Bei George Saunders wird daraus eine ungewöhnliche Geschichte über Liebe und Verlust. Im Laufe dieser Nacht, in der Abraham Lincoln alleine von seinem Sohn Abschied nimmt, werden Gespenster wach, die Geister der Toten auf dem Friedhof. Willi Lincoln befindet sich im Zwischenreich zwischen Diesseits und Jenseits, in tibetischer Tradition „Bardo“ genannt, und auf dem Friedhof in Georgetown beginnt ein Streit um die Seele des Jungen. 

Das Buch ist sehr ungewöhnlich geschrieben und gewöhnungsbedürftig zu lesen. Saunders lässt nicht Lincoln in der ersten Person erzählen und auch nicht einen Erzähler in der dritten Person. Die Gespräche der Geister sind auch keine „normale“ Dialoge von verschiedenen Personen. 

Vielmehr sind sie wie ein vielstimmiger Chor, ein- bis fünfzeilige Sätze, die mit dem Namen eines Toten signiert sind und Beobachtungen, Aussagen, Gedanken dieses Toten in der ersten Person enthalten und endet schließlich in der Frage: Warum lieben wir überhaupt, wenn wir doch wissen, dass alles zu Ende gehen muss? 

Der Roman lohnt sich! Er ist ungewöhnlich, interessant, anders, aufwühlend. Aber Achtung: sehr anspruchsvoll!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen